Sonnabend, 20. Juli 2002


Der Weg zur Eishöhle beginnt ohne Hinweisschild hinter der Hütte, in der Nähe des Fahnenmastes, genau dort, wo sich der Wasseranschluß befindet. Den größten Teil des Weges wird auch der Leitung gefolgt, die sich immer wieder kurze Strecken über den Boden windet. Die Pflöcke sind spärlich gesetzt. Am Jeeptrack ist deutlich zu sehen, daß sie sich vom Wagen aus bequemer setzen lassen. Auch gehen läßt sich auf der Piste besser. Der Fußweg hat allerdings drei Vorteile: er ist kürzer, führt an einigen schönen Teichen im oberen, hügeligen Teil der Strecke vorbei und überquert den einzigen im Wege liegenden Gletscherbach direkt am Gletschertor, also an einer Stelle, an der er noch mit zwei Sprüngen zu bewältigen ist. Von der Eishöhle ist allerdings nicht mehr viel zu sehen, sie ist inzwischen in sich zusammengebrochen.

Heute ist fast ein Ruhetag, weit gelaufen bin ich nicht. Ich erkundige mich erst bei den Wardens, wie der Wanderweg ist, wie's mit der Wasserversorgung aussieht (Gletscherwasser ist zwar dreckig, aber nicht "dangerous") und dann wird mir noch angeboten, mich schonmal in Dreki anzumelden (der Guide des Askja-Busses soll mich übrigens nicht angemeldet haben), in drei Tagen - nein, besser in vier, dann muß ich nicht so hetzen. Der Weg sei zwar nur am Anfang markiert, aber es sei ein alter Weg, der müßte zu erkennen sein, außerdem, mit einem Kompaß würd's schon gehen, einfach die Richtung halten. GPS-Koordinaten hätten sie leider keine. Die Frage des Zeltverbots wird nicht angesprochen. Es wirde nur gesagt, die nächste Hütte wäre in Hvannalindir (was mir ja nichts nutzt, da verschlossen).

Heute ist es schon den ganzen Tag ziemlich windig, wenn auch sonnig, die Askja ist vor lauter aufsteigendem Sand kaum zu sehen. Beim Zeltabbau, gerade waren die Heringe draußen, packt eine Böe dann zu und hebt das Zelt an. Ich kann es zwar noch festhalten, aber dabei gibt's ein leises Knacken. Beim Zusammenlegen der Stangen sehe ich dann: jetzt hat wieder ein Segment eine Biegung, die es nicht haben sollte. Überhaupt: die Technik. Das GPS saugt die Batterien so schnell aus, daß ich befürchte, sie halten nicht einmal bis Dreki (sofern die Anzeige stimmt). Die Camera läßt sich schon nach gefühlsmäßig sehr wenigen Bildern nicht mehr spannen (das Zählwerk ist schon seit Jahren außer Betrieb), und vorher wird es schon immer relativ schwer. Es kann doch nicht sein, daß ich jeden Tag 36 Bilder durchziehe?

Doch nun zur Tour: Zuerst folge ich den Markierungen zum Virkisfell. Einen Abzweig zum Biskupsfell lasse ich rechts liegen, da der Weg laut Beschreibung über Virkis- zu Biskupsfell geht. Was nicht stimmt, sich aber als die bequemere Route herausstellt. Der Anstieg ist streckenweise höllisch steil - zumindest mit meinem Rucksack. Hier bewähren sich die Stöcke wirklich. Dafür bin ich jetzt aber auch auf 1.000 m. Den Gipfel besteige ich nicht ganz, sondern gehe rechts davon über einen Paß ins nächste Tal und halte mich dabei an der Bergflanke rechts von mir (Virkisfell scheint übrigens einen Doppelgipfel zu haben, wobei der, auf den der Weg führt, der niedrigere ist). Im Tal quert eine Pfostenreihe meinen Weg und ich folge ihr erstmal nach rechts (Süden). Da ich aber nicht darauf aus bin, wieder klettern zu müssen (die Pfosten führen anscheinend auf Biskupsfell), biege ich von der Reihe nach links (Osten) ab und halte mich an der Nordflanke eines Berges mit markanter Zinne im Norden, nachdem ich einen Schmelzwasserbach überquert habe.

Ich gehe durch ein nur knapp 50m breites Tal, im Norden von einer Hügelkette gesäumt, mit einer Ansammlung bizarr geformter, riesiger Felsbrocken. Einige hocken wie eine im Gespräch erstarrte Familie da, in einer Mulde, die im Frühjahr sicher mit Wasser gefüllt ist. Ich laufe weiter stur Richtung Osten auf Biskupsfell zu, immer auf etwa gleicher Höhe. Damit bin ich zu weit nördlich, beschließe den Berg aber im Norden zu umgehen und mir das vom Warden angekündigte Auf-und-Ab zu ersparen. Später muß ich einen kleinen Links-Schwenk machen, um einen Felsabbruch zu umgehen. Weiter unten, und schon weithin sichtbar, zwei auffallend gelbe Felsen. Ich gehe auf sie zu, da passiert's. Wahrscheinlich habe ich mich nicht mehr auf's Gehen konzentriert; ich stolpere, versuche mich mit schon vorgebeugtem Oberkörper noch fünf-sechs Schritte weit abzufangen, dann rutscht mir der Rucksack noch weiter über den Kopf, das Gewicht ist zu groß und ich krache kopfüber zu Boden. Zum Glück neben einen Stein. Bilanz: Kleine Aufschürfungen am Ellenbogen, ein Riß jetzt auch links unter der Jeans-Gesäßtasche und, wie ich später feststelle, eine Beule im Kochtopf, eine Delle mehr in der Wasserflasche. Camera und GPS sind unbeschädigt.

Nach einer Umrundung des Biskupsfell auf der Nordseite stoße ich auf einen Fluß nördlich des Midleikur. Nach Süden hin freier Blick bis zum Kverkfjöll eystri. Der Fluß führt um diese Zeit und nach diesem Sonnentag zu viel Wasser, um ihn trockenen Fußes zu überqueren. Außerdem will ich endlich mal mit ausreichend Trinkwasser übernachten. Also baue ich das Zelt auf (recht grober Kies als Unterlage), obwohl ich laut GPS gerade etwas über 5 km von der Hütte entfernt bin. Gelaufen bin ich sicher weiter. Gegen Abend frischt der Wind wieder auf. Ich bin hier ziemlich schutzlos auf weiter Flur und werde jetzt mal rausgehen, das Zelt besser befestigen.

Der Blick zum Kverkfjöll eystri
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