Mittwoch, 4. August 2004


Der Platz hier ist wirklich sehr schön. Während oben auf der Piste der Sturm tobt und auch die zahllosen Angelica etwas höher an den Hängen noch im Wind schaukeln, bewegt hier nur ab und an ein laues Lüftchen die Zeltwände. An verschiedenen Stellen gurgeln Bäche aus den Hängen, es gibt kleine, windgeschützte Grasplätze für's Zelt und das Tal duftet nach Angelica - jedenfalls nehme ich an, daß der Duft daher kommt.

Heute morgen hat der Wecker mal wieder beschlossen, statt des Klingelns zu blinken, hab's erst gegen halb Acht gemerkt. Als ich mit Frühstück fertig war, fing's an zu regnen. Zwischen 10 und 11 war das Zelt wieder einigermaßen trocken und ich bin aufgebrochen. Mit gutem Tempo die 4 km bis zur Brücke zurückgelegt.

Danach frischt der Wind auf und kommt von vorn. Gelegentliche Schauer. Über einige Kilometer geht es nur noch bergauf. Dafür entschädigte aber die Aussicht auf die umliegenden Berge und auf den Weg, den ich gekommen bin.

Am Ende des Þórisvatn erwischt mich ein Sturm mit eiskaltem Regen; aber ich gehe eh schon den ganzen Tag in Regenkombi und mit Kapuze über der Kappe. Bei dem Tempo, mit dem die Regentropfen mich treffen, rufen sie auf der Haut das Gefühl von Eiskristallen hervor. Irgendwann ist die nächste Höhe erklommen und ich setze mich in den Windschatten einer Felsgruppe. Blicke über den türkisen Þórisvatn und sehr viel Island. Als ich gerade ein Panoramabild aufgenommen habe, erscheint ein Regenbogen über dem See. Einige Autos kommen vom See herauf, aber die Fahrer blicken sich nicht um, verpassen den Regenbogen.

Die türkise Fläche des Þórisvatn

Als ich aus dem Windschatten herauskomme, hat der Wind schon wieder Sturmstärke angenommen. Zeitweilig erwischen mich Regenschauer. Dazwischen habe ich Sicht auf die Berge bei Landmannalaugar im Sonnenlicht. Bei dem Gebäude am Staudamm beginnt mittelgestreifter Asphalt. Die Straße führt in elegantem Bogen zur Kreuzung hinab; nach links geht es zu den Fiskivötn auf asphaltierter Straße, nach Selfoss geht es rechts, ebenfalls asphaltiert... nur geradeaus, bergauf, weist kein Wegweiser. Ich entscheide mich für rechts - geradeaus wäre richtig gewesen. Die Asphaltstraße existiert auf meiner Karte gar nicht und führt im rechten Winkel weg von meinem Ziel. Als ich es merke, beschließe ich, querfeldein zu gehen. Am Anfang muß nur ein kleiner Fluß überquert werden, doch fast an der Straße nach Sigalda versperrt mir ein Sumpfgebiet mit einem größeren Bach den Weg. Ich umgehe ihn bachaufwärts, quere einige Nebenarme und entdecke eine Stelle, wo das Wasser gerade flach genug ist, um nicht in meine Stiefel zu laufen. Hüpfe grazil wie eine Elfe mit 4-5 mal Aufditschen trockenen Fußes hindurch.

In Sigalda treffe ich auf das Ende der Piste, die ich hätte gehen sollen, und auf ein schönes Schild (Landmannalaugar, 25 km). Das hätte es an der Kreuzung geben müssen. Hier gibt's keine Häuser! Nur Strom, Staudamm, Wasserkraft. Ich hatte schon auf ein Café gehofft und mit dem Gedanken gespielt, ein Zimmer zu mieten. Meine Fußsohlen tun weh. Ich kann kaum noch laufen. Als das Zelt steht ist es 21:00 Uhr. Der Platz ist tatsächlich direkt hinter der Brücke. Ohne den Tip hätte ich ihn nicht gefunden.

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