Mittwoch, 21. Juli 2004


Zuerst laufe ich auf den Ausgang der Gulsgil zu, mit der Absicht, dort nach Süden abzubiegen und später durch die Berge zu gehen. Ich stoße auf einen Schmelzwasserteich, auf dem einige Gänse herumschwimmen, von denen die meisten offenbar noch nicht fliegen können, denn sie schwimmen über den Teich und bringen sich rennend und mit den Flügeln schlagend zwischen den Felsen am anderen Ufer in Sicherheit.

Der Fluß, der zur Schmelzwasserzeit aus der Gulsgil herausströmt, hat sich auch in die Ausläufer der Berge tief eingegraben und stellt eine Barriere dar, nicht, weil er noch Wasser führt (geringfügig), sondern weil die Hänge so steil sind, daß sie sich an den meisten Stellen nicht überwinden lassen. Ich müßte ein gutes Stück zurücklaufen, um sie zu umgehen. Da ich aber schon ziemlich hoch bin, beschließe ich, einen älteren Routenplan umzusetzen und den Strommasten zu folgen, die hier durch die Berge gehen, und dann oben nach Süden zu wandern.

Als ich oben bin, reißen die Wolken auf. Phantastische Sicht zum Sandhnjúkavatn. Allerdings ist oben dann auch zu erkennen, daß die Gulsgil nicht, wie die Karte vermuten läßt, im Westen umgangen werden kann. Die Gegend hier oben ist zerfurcht von tief eingeschnittenen, v-förmigen Flußläufen. Jeder Bach hat eine Kerbe in die Landschaft gesägt, die für mich nur sehr schwer oder gar nicht zu überwinden ist. Wenn ich bei meinem Plan bleibe, müßte ich ich gigantische Umwege in Kauf nehmen. Dann fällt mir der Zeltplatz in Grimstağir ein und ich beschließe, die Berge hier zu durchqueren, dorthin zu laufen, und morgen dann die 4 km zum Bus. So bin ich sogar schon am Donnerstag in Skútustağir. Es wird allerdings ein weiter Weg. Die Koordinaten sind noch in meinem GPS, außerdem kenne ich den Weg vom letzten Jahr.

Haugsvatn

Unterwegs bietet sich zuerst die überraschende Aussicht auf den Haugsvatn mit Wasser (!). Überhaupt glaube ich, noch mehr Schneefelder zu sehen als im letzten Jahr. Das alte Sæluhús, eine Hútte für die Arbeiter, die die Leitung instand gehalten haben, ist abgebrannt. Nur der umgestürzte Schornstein und einige verkohlte Pfosten sind noch übriggeblieben. Von einem Schneefeld in den Bergen habe ich noch vorsorglich einen Liter Wasser geschöpft. War aber nicht nötig. Ich treffe unterwegs auf einige Bäche, die noch Wasser führen. Wie im vergangenen Jahr weht der Wind relativ heftig von Norden, schiebt mich also voran, und die Wolken lösen sich immer mehr auf. Und ebenfalls wie im vergangenen Jahr bemerke ich viel zu spät den Sonnenbrand, den ich mir auf den Händen eingefangen habe. Der Wind verhindert das Teekochen. Ich mache mir zweimal einen Magnesiumtablettenbrausedrink mit Zitronengeschmack.

Erreiche den Zeltplatz gegen 11 Uhr. Ein Geländewagen, zwei Geländemaschinen und zwei Fahrräder. Die dazugehörigen Menschen sind alle schon in ihren Zelten. Ich mache mir erstmal etwas zu essen und trinke einen Tee. Der Bus fährt morgen um 15:30 Uhr.

Arktisches Weidenröschen
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