Sonntag, 20. Juli 2003


Nach dem (späten) Aufbruch entdecke ich rechts von der zuerst anvisierten Scharte das grüne Band eines Baches am Hang, dann daneben die Doppellinie einer Piste. Da es sich auf Pisten immer besser laufen läßt als querfeldein, halte ich darauf zu - querfeldein, über weichen Boden. Die Linkskurve gestern hätte ich mir wahrscheinlich sparen können.

Aus der Ferne wirken die Bachufer zwar noch grün, Wasser ist aber nicht mehr zu finden. Die Piste erreicht die Berghöhe nahe der zur Schneeschmelze sicherlich von einem Wasserfall durchtosten Schlucht Seljahjallagil. Tolle Aussicht: Bláfjall direkt voraus, weit unten der Mývatn, rechts davon der scharze Ring des Hverfjall. Allerdings ist die Gegend lange nicht so aufgeräumt, wie die Kartenmaler verheißen. Quer verläuft ein, zum Glück trockener, Flußlauf (Zufluß Seljahjallagil) mit sehr steilen Ufern. Leider ist aber nirgendwo mehr Wasser zu finden. Mir ist nur noch etwas mehr als ein Liter geblieben. Wenn am Bláfjall nicht zu finden ist, muß ich mir Gedanken über den weiteren Weg machen und vielleicht sogar umkehren. Die Fliegen nerven wieder wie gestern abend.

Ich laufe diagonal über eine Ebene aus Sand und Stricklava zu der Stelle, wo der breite Durchgang zwischen den Bergen liegen müßte. Hinter diesem Durchgang kommt das Heilagsdalur und es wird tatsächlich wieder grün - aber auch bultig. Schafe sind zu sehen. Ich ruhe mich am Rande einer grasbewachsenen Senke aus und als ich wieder aufbreche, fährt am Talrand ein weißer Geländewagen vorüber. Er hält an einigen Einschnitten im Berghang, die in ihrem oberen Bereich fallendes Wasser erahnen lassen. Menschen steigen aus. Ich halte auf den Wagen zu - sicher noch 1 km - und überlege, ob Ansprechen angebracht ist. Stelle dann aber am ersten Bach erstmal meinen Rucksack ab und fülle den Wassersack etwas hangaufwärts. Da sie mich wahrgenommen haben müssen, aber auch keine Anstalten machen, auf mich zuzukommen, will ich sie bei ihrem Sonntagsausflug auch nicht stören und mache erstmal Tee. Kann mich ja auch schlecht an "ihren Bach" dazusetzen. Als sie in meine Laufrichtung verschwunden sind und mein Tee getrunken, begebe ich mich in das nun freie Tal. Es bietet Platz zum Zelten, 2 x 2 Meter neben einem kleinen Bach.

Nach Aufbau des Zeltes kommt der Wagen auf dem Rückweg wieder vorbei, hält aber nicht an. Da es noch früh ist (17 Uhr), mache ich mich auf die Suche nach der Hütte, die es hier geben soll, finde sie aber nicht. Jedenfalls sind an der auf einer Karte angegebenen Stelle nur Felsen und schwarzer Sand. Merkwürdig! Behauptet Ted Edwards in seinem Buch "A solo walk across Iceland" doch sogar, dort übernachtet zu haben.

Ursprünglich wollte ich noch zum Vulkan Ketildingja im Südosten. Auf einer Karte ist dort eine heiße Quelle verzeichnet, auf einer anderen nicht. Das hat mich neugierig gemacht. Aber jetzt beschließe ich, doch auf diesen Ausflug zu verzichten. Es sind 16 km, auch ohne Gepäck etwas viel, nur um zu sehen, welche Karte Recht hat.

Die Hacken meiner Füße sind ziemlich kaputt. Nachdem ich sie im Bach gewaschen habe, verarzte ich sie mit Pflaster, von dem ich reichlich dabei habe. Diesmal ist es zwar für Allergiker geeignet - nach den Erfahrungen im letzten Jahr habe ich darauf geachtet - scheint dafür aber nicht sehr wasserfest zu sein, wie sich auf den gut durchweichten Wiesen am Anfang des Haugsvatn-Trails herausstellte.

Der Himmel war den ganzen Tag bewölkt. In der Nacht beginnt es dann wieder zu regnen.

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